Floriks Fantastereien

Fünf Ermittler verhören einen Verdächtigen

Den Satz habe ich erstmals in RuneQuest 3 gelesen: "Never split the party." Dieses Rollenspiel hatte nämlich eine ganze Seite mit taktischen Tipps für Spielende.

Ich war beeindruckt, ich habe den Satz sicher häufig zitiert, und vielleicht hat er manchen gute Dienste geleistet, die gerne taktisch spielen, um ein Szenario erfolgreich zu absolvieren. Mir hat er so manche Session ruiniert.

Das findest du in keinem Buch

Das Problem beschränkt sich nicht auf Fantasy, im Gegenteil: Ich habe schon mehrfach erlebt, dass in Cthulhu oder einem Detektivrollenspiel vier, fünf Ermittler:innen gemeinsam einen armen Verdächtigen befragen, um ihm ein paar Hinweise herauszuleiern. Das resultiert in spannungsarmen, langatmigen Szenen. Selbst wenn sie ans Ziel kommen.

Es schränkt auch die Handlungsfähigkeit ein. Wie könnte eine große Gruppe je eine Person beschatten, eine öffentliche Rede halten, ein Gespräch belauschen, eine Audienz bei der Königin erwirken, den Oberschurken im Kartenspiel herausfordern?

Wie komme ich gerade jetzt auf das Thema? Letzte Woche habe ich einen Testreport zu Salzburger Geheimnisse erhalten, wo eine Gruppe von fünf Spielenden teilweise nur eine Oppositionsrolle vergeben hat, gegen die dann vier Hauptfiguren standen. Das alte Problem, dachte ich. Es war meine Schuld, im Regelwerk stand nichts dazu.

Ich kenne das auch als Spieler. Mein Alptraum: Zu fünft bis siebt sitzen wir um den Spielleiter und bekommen eine Szene geschildert. Wer eine Idee hat, wirft etwas ein. Wer schüchtern ist oder sich nicht durchsetzen kann oder einfach etwas langsamer (und womöglich gründlicher) ist als die anderen, kommt nur selten zu Wort. Auch können oft diejenigen wenig tun, die bei der Figurenerschaffung schlecht gewürfelt oder die falschen Fertigkeiten gewählt haben.

Welcher Film, welches Buch enthält Szenen, wo eine ganze Gruppe auf eine Person einredet? Selbst die neun Gefährten im Herrn der Ringe teilen sich alsbald auf. Fafhrd und der graue Mauser haben keine Fackelhalter auf Expeditionen mitgenommen. Das Cover von RQ3 zeigt eine Zweier-Gruppe.

Und vielleicht ist das Problem auch dafür verantwortlich, wenn Rollenspiel oft aus einer Folge von Kämpfen besteht. Da hat wenigstens jede:r etwas zu tun.

Lösungen

Die offensichtliche Lösung: "Do split the party." Teilt euch auf!

Als Spieler höre ich entspannt den anderen bei ihrer Szene zu, wenn ich weiß, ich komme auch noch dran. Als Spielleitung arbeite ich an meinem Spotlight Management und übe mich, zwischen mehreren Schauplätzen dynamisch umzuschalten.

Eine weitere Möglichkeit ist, die Gruppe klein zu halten. Ich mag am liebsten nur drei Spielende plus Spielleitung, aber auch zwei Spielende sind mir lieber als vier, gerade online. Das gilt unabhängig davon, ob ich leite oder Mitspieler bin.

Und schließlich könnte die Gruppe auch Erzähl(rollen)spiele spielen, die die traditionelle Rolle der Spielleitung aufteilen oder zumindest reduzieren. Das ist eine Frage der Präferenz - und ein etwas anderes Spielgefühl. Aber was die Gestaltung einzelner Szenen angeht, kann man hier in die gleiche Falle laufen - wie im erwähnten Test meines SL-losen Spiels geschehen.

Ich hätte es besser wissen müssen. In Salzburger Geheimnisse steht jetzt der Satz: "Achtung: Mehr als zwei Hauptfiguren machen die Szene schwerfällig."

#deutsch #storytelling