Floriks Fantastereien

Lob des Dungeons

Als es Twitter noch gab, hat mir mal ein Online-Diskutant statt eines Arguments an den Kopf geworfen: "Rollenspiel ist mehr als nur Dungeons!" Ich fand das einigermaßen lustig, hatte ich zu dem Zeitpunkt doch schon mehrere Storygames veröffentlicht, darunter Es klingelt und Lange Schatten in Bad Bründlholz. Das wusste diese Person wohl nicht. Es passte nicht in ihr Weltbild, dass jemand an einem Abend eine Oma, die mit Lupe und Kuchen nach Mördern sucht, und am nächsten einen Paladin in einem dunklen Verlies spielen könnte.

Ja! Ich gebe zu, ich gehe gern mal wieder in einen Dungeon. Ich liebe das Geräusch der von den Stalaktiten fallenden Tropfen, das Scharren ferner Füße, den modrigen Geruch unterirdischer Gangsysteme - wobei ich auf Anhieb gar nicht recht sagen hätte können, warum.

Ich musste erst nachdenken und bin dann zu dem Schluss gekommen, dass es mit Rollenspiel-Abenteuern wie mit Gedichten ist.

Dungeons sind im Rollenspiel für mich das, was Sonette in der Lyrik sind:

Wenn euch diese Argumente bekannt vorkommen, habt ihr sie wahrscheinlich schon auf Mastodon gesehen, wo ich sie zuerst gepostet habe. Das Nachdenken ging aber weiter.

Denn an diesem Punkt endet der Vergleich. Es gibt einen gewaltigen Unterschied: Mit ihrer rigiden Metrik, ihrer komplexen Reimstruktur sind Sonette sehr schwer zu schreiben. Fehler fallen sofort auf. Einen halbwegs spielbaren Dungeon für ein Rollenspiel zusammenzustöpseln gelingt hingegen auch Anfänger:innen. In der Hinsicht ist der Dungeon eher das Pendant zum Haiku.

Ich mag übrigens Haiku und Sonette. Ich spiele Erzählspiele, aber ab und zu gehe ich gern in den Dungeon. Treffen wir uns dort? Bring ein paar Fackeln mit, es könnte dauern.

#osr