Floriks Fantastereien

Zurück auf Los

Chris McDowall hat neulich auf Bastionland.com über das angenehme Gefühl geschrieben, etwas zu tun, was man schon einmal getan hat, aber diesmal ein wenig anders als zuvor. Obwohl das in Videospielen ein häufiges Phänomen sei, komme es in seinen Rollenspielrunden allzu selten vor.

Als Beispiel nennt er seine Traveller-Kampagne, die im Lauf von neun Monaten nicht ein einziges Mal zu einem Planeten zurückgekehrt sei.

Jetzt frage ich mich: Übertreiben wir es im Rollenspiel mit der Erforschung, mit der Erkundung immer neuer Dungeons und Hexfelder? Sollte die Abenteuerstruktur öfter eine Rückkehr zu früher besuchten Orten vorsehen? Denn auch ich finde es reizvoll, Orte im Lauf des Spiels wiederzusehen.

An dieser Stelle denke ich laut darüber nach.

Die Rückkehr

Zunächst war ich etwas überrascht ... Bei den Videospielen zielt Chris eindeutig auf Elemente des Game Loop ab, schaut aber in der zweiten Hälfte seines Artikels, wo es um analoge Rollenspiele geht, nur auf die Navigation auf einer Karte. Dabei umfasst die Ausgangsbeobachtung "etwas zu tun, was man schon einmal getan hat" so viel mehr als nur das Erforschen einer Landkarte.

Es gibt es ja durchaus zahlreiche Rollenspiele mit explizitem Game Loop: etwa Blades in the Dark mit dem Wechsel zwischen Beutezug, Downtime und freiem Spiel, oder, noch viel älter, Pendragon mit der alljährlichen Winterphase. Und auch Chris' eigenes Mythic Bastionland hat mit dem Jahreszeitenwechsel mindestens ein festes Game Loop-Element.

Aber gut, ich mache es wie Chris und berücksichtige erst einmal nur die Rückkehr an bekannte Orte auf einer Landkarte.

Die Veränderung

Was solchen Zufluchten oftmals fehlt, ist die von Chris angesprochene Veränderung. Die Taverne und das Raumschiff entwickeln sich im Lauf der Kampagne wenig weiter, oft nur in Form neuer Ausrüstung. Ein Stimmungsumschwung ist selten.

Carved from Brindlewood-Kampagnen machen das besser: Sie sehen einen Abschlussfall vor, der an aus früheren Fällen bekannten Orten spielt - und diese Orte haben sich ausdrücklich (entsprechend dem Ton der Kampagne) verändert. Die Spielenden helfen selbst bei der Ausgestaltung. Vielleicht ist die Korruption im Hotel Alpenglühen jetzt für alle Gäste offensichtlich, vielleicht ist aus dem lauschigen Bootsschuppen ein Ort des Grauens geworden.

Wie müsste ein Dungeon aussehen, in dem es sich lohnte, umzukehren? Wir müssten in einen der tiefer gelegenen Räume eine Information stecken, eine Offenbarung: Ihr seid der Ursache des Problems schon begegnet, ihr habt sie nur nicht als solche wahrgenommen.

Zum Beispiel so:

In den Tiefen des Spinnenhorts findet sich ein Pergament. Es enthält Hinweise: Der freundliche Schafshirte, den die Gruppe ganz am Anfang auf seiner Weide getroffen hat, ist in Wahrheit der fiese Arachnomant. Er züchtet tödliche Riesenspinnen und päppelt sie mit Schafen auf. Wenn die Gruppe jetzt zurückeilt, kann sie auf der Weide eine grausige Zeremonie beobachten ...

Allerdings hätte ich ein wenig Angst vor Railroading, wenn ich ein Abenteuer so aufbauen würde. Was, wenn die Gruppe dem Schäfer von Anfang an misstraut und seine Hütte durchsucht? Dafür muss ich als SL offen bleiben.

Game Loop und Bewegungsfreiheit

Eine kartenbasierte Erforschung lässt also wenig Raum für eine Spielstruktur, die eine Rückkehr an bestimmte Orte erzwingt. Egal ob Hex- oder Rechteckkarte, egal welcher Maßstab, Meter oder Parsec ... die offene Welt verspricht den Spielenden Bewegungsfreiheit.

Ein fester Game Loop könnte zwischen Sandbox-Segmenten ansetzen, um die Bewegungsfreiheit nicht zu gefährden. Beispielsweise zwischen "Dungeons" oder Missionen. Und genau das tun ja Blades, Pendragon, auch die Hearthfire-Sequenz in Trophy Gold und implizit die Rückkehr zum Raumschiff oder der angestammten Taverne.

Schwieriger wird es bei einer Wildnis- oder Weltraumkampagne, die keine festen Missionen hat, sondern eine einzige fortlaufende Erkundung ist. Ein Game Loop kann hier nur als Unterbrechung auftreten, wie in Mythic Bastionland. Aber als SL können wir Spielende in einer solchen Sandbox auch einladen, zu Orten zurückzukehren.

Wie? Veränderung scheint mir da der entscheidende Faktor. Wenn die SL die Gruppe anregen möchte, einen Ort erneut aufzusuchen, braucht es vermutlich genau zwei Dinge:

  1. An dem Ort hat sich etwas verändert, und zwar in einer Weise, die die Figuren motiviert (etwa durch Neugier: die verschwenderische neue Königin kennenlernen, oder durch Sorge: dort lebende Freunde und Verwandte vor dem neuerdings plündernden Oger schützen ....)
  2. Die Gruppe erfährt davon.

Warum habe ich das eigentlich noch nie gemacht? Zumindest kann ich mich nicht erinnern.

#bastionland #deutsch #osr #pbta #storytelling