Floriks Fantastereien

Bluffen und Blindbieten als Rollenspiel-Mechaniken

Kaum ein Rollenspiel verwendet Bluffen als Mechanik. Ich finde das schade. Bluffen und insbesondere das damit verwandte Blindbieten entspricht einer Haltung der Spielleitung, die ich kürzlich als "Antagonismus mit Augenzwinkern" beschrieben habe.

Worum geht's?

Eins der bekanntesten Bluffspiele ist Mäxchen, auch Meiern genannt. Die zentrale Regel lautet: Wer dran ist, würfelt, schaut unter den Würfelbecher und verkündet mit Unschuldsmine sein Ergebnis, das nicht wahr, aber höher als das Ergebnis der Sitznachbarin sein muss.

Was bedeutet das? Während es in Rollenspielen üblich ist, Ergebnisse stets sofort aufzudecken und mit den Regeln abzugleichen, sieht Bluffen die Möglichkeit vor, aus taktischen Gründen zu schwindeln. Damit das funktioniert, muss es die Möglichkeit des Anzweifelns geben.

Blindbieten dagegen ist meistens kartenbasiert. Mehrere Beteiligte (z.B. die SL und eine Spielerin) legen gleichzeitig eine Karte heraus und decken sie auf. Blindbieten geht immer mit Bluffen einher, denn um meine Kartenhand voll auszuschöpfen, möchte ich das Gegenüber dazu bringen, seine besten Karten auf meine kleinsten zu verschwenden.

Welche Spiele gibt es?

Ich kenne nur zwei Rollenspielsysteme mit Bluff-Mechanik, und eines davon ist hier im Blog erschienen. Es heißt Vier Farben im Verlies, und wenn ihr es nachlest, werdet ihr feststellen, dass es sich um eine unausgereifte Idee auf Basis des Blindbietens handelt, die noch jede Menge Tests und Abstimmung erfordert.

Das andere System ist What's so cool about Kobolds? von Lari Assmuth. Es kombiniert eine Roll-over-Mechanik mit der Option, zu bluffen, und demonstriert so eine der Stärken von Bluff-Systemen: Bluffen erzeugt eine bestimmte Atmosphäre am Tisch. Es kann ein Thema verstärken. In What's so cool about Kobolds? etwa spielen alle Kobolde. Und Kobolde lügen. Zumindest manchmal.

Aber sind nicht viele Rollenspielfiguren unzuverlässig? Sind sie nicht Schatzsucherinnen und Schurken, "Ratten im Labyrinth", denen niemand trauen sollte – oder zumindest nicht weiter, als ihre langen Finger reichen? Ich meine, Bluffen passt atmosphärisch zwar nicht zu Superhelden und High Fantasy, aber zu jedem pikaresken Rollenspiel.

Garantiert gibt es weitere Bluff-basierte Rollenspiele, die ich nur nicht kenne, aber ich bleibe dabei: viel zu wenige!

Mögliche Ausgänge

Ich möchte kurz die Implikationen einfacher Bluff-Mechaniken durchgehen, um vielleicht mich (oder dich?) auf Ideen zu einem Spiel zu bringen.

Reichert man eine binäre Würfelmechanik (Erfolg/Fehlschlag) mit Bluffen an, wie in What's so cool about Kobolds? geschehen, gibt es plötzlich sechs statt zwei mögliche Ergebnisse:

Von den sechs Ausgängen sind also erst einmal nur die ersten vier relevant, außer jemand findet einen Dreh. Ich lasse mich überraschen...

Beim Blindbieten sieht es etwas anders aus, denn typischerweise wird hier ja kein Ergebnis angesagt. Statt Anzweifeln gibt es oft die Möglichkeit des Rückzugs, was vier Resultate bedingt:

Für das Funktionieren des Blindbiet-Systems ist es wahrscheinlich wichtig, dass eine siegreiche Karte auch dann abgelegt wird, wenn das Gegenüber einen Rückzug macht. Auch hier gilt: Vielleicht findet jemand einen Dreh? Von anderen Stellschrauben wie der Anzahl der Handkarten und der Ansage von Trumpffarben ganz zu schweigen ...

#deutsch #gamedesign